25.11.10

Familiengeschichte = Firmengeschichte

Es ist endlich einmal an der Zeit über die Familiengeschichte meines Mannes, Norbert, und über deren Betrieb zu erzählen.

Begonnen hat alles vor über 100 Jahren. Dieses Foto wurde 1914 geschossen. Wer die Menschen sind, welche sich so nett vor dem Haus positioniert haben, wissen wir leider nicht mehr. Es sind sicher die Ur-Großeltern Norbert's und deren Gesinde. Sein Ur-Großvater hieß mit Schreibnamen Gruber, ein sehr geläufiger Nachname.

Dieser Mann hat das Haus um ca. 1906 erbaut. Wenn man den sehr tiefen und weitläufigen Keller sieht, oder die großen Steine, die bei jedem Umbau (und das waren derer viele) zum Vorschein kamen, mit denen das Haus gebaut worden ist, wundert man sich jedes Mal, wie früher die Menschen im Stande waren, solche Häuser aufzustellen. 

Hans Gruber führte eine Gemischtwaren-Handlung, wie man auf der Schrift lesen kann, welche ober dem Laden steht. Oben auf dem Balkon ist ein Schild angebracht: Werbung von einem Schuster, der sich eingemietet hatte. Südtirol gehörte damals noch zur K & K Monarchie, wie auf den Kaufverträgen des Grundstückes, welche auch noch existieren, zu lesen ist.
 
Die einzige Tochter Hans Gruber's wuchs als Halbwaise auf. Ihre Mutter starb schon sehr früh. Sie ehelichte den Großvater von Norbert, Hans Felder, den ich auch gut kannte. Dieser war Werkzeugschmied.

Es wird in der Familie eine nette Geschichte erzählt. Hans ging in Lana bei einem Schmied in die Lehre. Die einzige Möglichkeit ihr Werkzeug zu verkaufen war es, auf den Märkten der näheren Umgebung ihre Ware anzubieten. Man packte zwei große Rucksäcke, mit dem Werzeug, und ging zu Fuß ins Passeiertal, bestimmt 20 km. 

Nach dem Markt, als man wieder zu Hause war, fiel dem Meister erst auf, dass er sein Gebiss im Tal vergessen hatte. Also musste der Lehrjunge wieder ins Tal um das Gebiss zu holen. Sicher nicht ungern, da die Arbeit in der "Schmittn" sehr anstrengend und dreckig war.

Hans Felder hat aus dem Gemischtwaren-Laden eine Eisenhandlung gemacht, in der es auch allerhand praktische Dinge für den Haushalt gab.


Sein Sohn, der auch Hans Felder hieß, ging bei seinem Vater in die Lehre. Dieses Foto in der "Schmittn" wurde in einem denkwürdigem Jahr gemacht: 1939. Hans war 14 Jahre alt.
Dieses Foto von meinem Schwiegervater gefällt mir sehr. Sein Lächeln ist ihm bis ins hohe Alter geblieben und spiegelt seinen Charakter wider.

Lange hat die Familie alle wichtigen Vieh-und Krämermärkte in Südtirol besucht, zuerst mit dem Pferde-Gespann, später mit dem Auto. Auch Norbert hat noch lange diese Markt-Tradition weiter geführt. Dann ist die Schmiede der Industrialisierung zum Opfer gefallen. Handgeschmiedete Werkzeuge konnten mit dem Preis der industriell hergestellten nicht mehr mithalten.

Norbert, als jüngstes von 5 Kindern, ist nicht Schmied geworden, aber Kaufmann, wie seine Vorfahren. Er hat ein gut eingeführtes Geschäft von seinen Eltern übernommen. Für die Eisenwaren-Abteilung war sein Vater zuständig, die Seele vom Haushaltsbereich war seine Mutter, welche auch Porzellan einführte.

Nach der Begräbnis von Opa fragten unsere Kinder, warum so viele Menschen auf der Beerdigung waren. Da erzählten wir ihnen erzählt, dass sehr viele Südtiroler, aber auch Trientner, den Zeug-Schmied aus Lana, mit seinem hochwertigen Werzeug, gekannt und geschätzt hatten.


Dieses Foto entstand 1979 vor dem großen Umbau des Geschäftes. Die Bushaltestelle gab es damals schon. Ganz früher war es die Tram-Haltestelle.
So und jetzt komme ich auch ein bisschen ins Spiel. Ich habe Norbert mit 14 Jahren kennen gelernt und habe mich bis über beiden Ohren in ihn verliebt. Aber damals hat es noch nicht sein sollen. Wir sind erst 7 Jahre später ein Paar geworden und sind heute noch glücklich verheiratet.
Hans hat es keinen mehr gegeben, derer waren schon genug.


So sieht unser Haus nach 104 Jahren aus. Es hat sich von Außen nicht viel verändert. Das Innenleben dafür sehr.
Heute führen Norbert und ich ein spezialisierte Haushaltswaren-Geschäft mit Porzellan-Abteilung und sind der Tradition verpflichtet, Qualität zu verkaufen. Ich mit meinem Faible für's Kochen, habe vor ein paar Jahren Kochkurse zu verschiedenen Themen eingeführt.

Eines muss an dieser Stelle einmal klar und deutlich gesagt werden. Das alles wäre nicht möglich, wenn wir unsere treuen Kunden nicht hätten. Uns haben die Menschen immer gezeigt, dass es uns noch braucht und das ist schön. Denn wir werden häufig von Touristen gefragt, ob sich so ein Geschäft noch rentiere?
Ich schließe mit einem großen "Vergelt's Gott" an unsere Kunden und an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kochkurse und wir hoffen, dass ihr uns noch lange braucht.

13 Kommentare:

  1. Eine wunderbare Traditionsgeschichte. Weiterhin für die nächsten 100 Jahre der Familie viel Erfolg und Glück...

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  2. Danke, dass ich endlich mal mehr über dich, euer Geschäft und die Familientradition erfahren durfte. Auch ich arbeite in einem Familiengeschaft, wir wären dann die dritte Generation. Und dabei kommt jetzt auch mein schlechtes Gewissen ins Spiel. Eigentlich wollten wir schon lange mal die Geschäftschronik in Angriff nehmen. Nächstes Jahr haben wir auch ein Jahr der runden Zahlen.
    Zu dir liebe Grüße, Sandra

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  3. Hallo Magdi
    Eine nette und herzliche Familiengeschichte. Ich schliesse mich den Glückwünschen an und wünsche Euch weiterhin alles Gute. Grüße an den Rest der Familie - Siglinde

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  4. Solche Läden wie euren soll und muss es noch lange geben! Es ist ein Jammer, dass wegen immer größeren Einkaufszentren und Ladenketten immer mehr fachlich perfekte kleinere Geschäfte schließen müssen - so ist das leider in unserer Gegend. Euch soll das auch weiterhin bitte nicht passieren, die besten Wünsche auch von mir und auf die nächsten 100 Jahre! :-)

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  5. Eine schöne Familiengeschichte! Mir gefällt Eurer Haus so gepflegt und dennoch außen seit über 100 Jahren kaum verändert.

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  6. Danke, an euch allen, für die netten Wünsche, die ich der Familie überbringen werde. So eine Tradition verbindet extrem, auch wenn andere Familiemitglieder nichts mehr mit dem Geschäft zu tun haben. Das sind unsere Wurzeln und wir hoffen auch, dass dieser Baum noch lange steht.

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  7. Das ist wirklich ein tolle Familiengeschichte und ich wünsche euch weiterhin von Herzen viel Erfolg...und vielleicht schaffe ich es ja einmal zu einem deiner Kochkurse..nach Südtirol will ich doch schon lange mal..einen schönen ersten Advent wünscht Heike

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  8. Wie schön, wenn die Tradition so gewürdigt wird. Und ein Geschäft mit solch persönlichem Engagement geführt wird - hoffentlich hält das noch sehr lange, zum Wohle eurer Kunden :-)

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  9. Eine sehr schoene Geschichte, die uns da gezeigt hast. Und danke auch fuer die Bilder, die da alles besser veranschaulichen. Hin-, und wieder komme ich ja da in der Gegend vorbei und werde auf das Haus achten und "Hallo" sagen!

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  10. Diese Traditionsgeschäfte machen eine Stadt aus. Wir suchen immer in fremden Städten danach, weil es sie bei uns im Ruhrgebiet leider kaum noch gibt. Also, schön weitermachen!

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  11. @Heike, ich würde dich sehr geren bei einem Kochkurs begrüßen, als Blog-Kollegin.

    @Petra, je älter man wird um so mehr legt man auf Traditionen wert.

    @Jutta, ich würde mich riesig freuen und auf jeden Fall Zeit für einen "caffé" finden.

    @FdgG, genau das wird uns immer wieder berichtet, leider!

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  12. Uuups, den Beitrag hätte ich doch fast "überlesen". Gratuliere! Und macht schön weiter, bei uns gibts nur noch 1-€-Läden, Bäckereiketten und Handy-Läden! Beim nächsten Südtirol-Aufenthalt schau ich mal rein...

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  13. @Claus, sehr gerne, das würde mich richtig freuen!!

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